Die Schattenseiten von ESG

Wir beleuchten die Fakten zum Wachstum ESG-bezogener Finanzprodukte und des damit verbundenen Risikos von Greenwashing in der Vermögensverwaltungsbranche

19 Oktober 2021

Das enorme Wachstum von ESG-bezogenen Finanzinstrumenten hat dazu geführt, dass Glaubwürdigkeit und Authentizität dieser Anlagevehikel unter verschärfte Beobachtung geraten sind. Kritische Töne kommen in jüngster Zeit vor allem von langjährigen Anlagespezialisten, die bei BlackRock und DWS für nachhaltige Investitionen verantwortlich waren. Sie warnen vor dem Risiko eines systematischen Greenwashing in der Vermögensverwaltungsbranche. Der Fall DWS hat besonders die rechtlichen Risiken des Greenwashing für die Branche in den Fokus gerückt, wie die Studie der Denkfabrik 2 Degrees Investing Initiative letztes Jahr gezeigt hat – ein Risiko übrigens, dem die gesamte Branche ausgesetzt ist.


Es handelt sich hierbei nicht bloß um ungewisse regulatorische Risiken, sondern auch um das Reputationsrisiko und die unmittelbaren Interessen, welche die Anlageberater im Zusammenhang mit MIFID II und den von ihnen erbrachten Beratungsleistungen haben, wenn es um die Auswahl vermeintlich nachhaltiger Anlageprodukte geht.

Aber ist diese Kritik auch berechtigt?
Ja – und diese kritischen Stimmen sollten nicht einfach als Schwarzmaler abgetan werden, die mit Blick auf den weithin als positiv erachteten Schritt zum verantwortungsvollen Investieren das berühmte Haar in der Suppe suchen. Die Warnungen vor dem Greenwashing – also der „ökologischen Irreführung“ – sind durchaus ernst zu nehmen. Tatsächlich tut man gut daran, der Vermögensverwaltungsbranche den Spiegel vorzuhalten. Das ESG-Konzept hat sich in der Anlagebranche mittlerweile etabliert und ist nicht länger das Privileg einiger in Nischenbereichen tätigen Investoren und Produktanbieter.

Davon zeugen der Erlass der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) und anderer regionaler Vorschriften. Der regulatorische Druck führt zur geforderten Transparenz, auch wenn dafür ein langer Atem notwendig ist. Dazu müssen aber auch die Finanzmarktteilnehmer beitragen, indem sie ehrgeizigere Ziele setzen und nicht einfach den Mindestanforderungen genügen, indem sie Alibimaßnahmen umsetzen.

Zwar sind die SFDR und einige der Klassifikationen, die den Begriff der Klimafreundlichkeit im Rahmen der EU-Taxonomie definieren, nicht unumstritten, doch bietet sich hier die Chance, auf Vermögens- und Portfoliostufe konsistentere und besser vergleichbare Daten bereitzustellen, als dies heute möglich ist. Mit der Zunahme der Anzahl Fonds nach Artikel 8 und 9, der so genannten „hellgrünen“ bzw. „dunkelgrünen“ Fonds, und dem daraus resultierenden Wettbewerb dürften auch viel mehr Produkte auf den Markt kommen, welche diesen Offenlegungspflichten unterliegen.

Die Vermögensverwalter setzen sich mit den technischen Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards, RTS) der SFDR auseinander, derweil die Fondsdistributoren sich auf die neuen Daten einstellen, die es in den Selektionsprozess und in die Instrumente zu integrieren gilt. Klar ist ebenfalls, dass die Fondsanbieter die ESG-Ergebnisse besser an die Endanleger und Regulierungsbehörden kommunizieren müssen. Die Kommunikation mit Kunden und Aufsichtsbehörden muss aufeinander abgestimmt werden, um nicht in die Greenwashing-Falle zu tappen, wenn beispielsweise die CO2-Reduktion oder andere Auswirkungen auf die Gesellschaft und Umwelt übertrieben positiv dargestellt werden.

Die Bereitstellung von Daten auf prägnante und verständliche Art und Weise war schon immer mit Schwierigkeiten verbunden und von Subjektivität geprägt. Sie ist gerade heute eine der größten und wichtigsten Herausforderungen für die Fondsanbieter. Eine weitere Herausforderung und zugleich ein weiterer Kritikpunkt ist die Wahl der Datenpunkte für die Berichterstattung – ein Thema, worüber sich selbst die Anbieter von ESG-Ratings nicht einig sind (vgl. Aggregate Confusion: The Divergence of ESG Ratings).

Es besteht die Gefahr, dass die Unternehmen zu Rosinenpickern werden und solche ESG-Datenpunkte oder -Ratings berücksichtigen, die ihre Anlageprodukte im besten Licht erscheinen lassen. Dies gilt insbesondere für die nicht regulatorische Berichterstattung. Neben dem hieraus resultierenden Greenwashing-Risiko und des von den Regulierungsbehörden zur Schau gestellten Bewusstseins der Problematik wird es wichtig sein sicherzustellen, dass die ausgewählten Daten die ESG-Strategie des Anlageprodukts und die Ziele der Endanleger adäquat wiedergeben. Im Rahmen eines ESG-Angebots wird es wichtig sein, die Anlagemotivation eines Kunden zu verstehen, um die ESG-Faktoren und Datenpunkte für die Berichterstattung festzulegen.

Dazu gilt es, die einzelnen ökologischen, sozialen und Governance-Elemente umfassend zu berücksichtigen – vom Ausschluss unerwünschter Anlagen über Wesentlichkeitsgründe, Kohlenstoffbilanz, Portfolio-Orientierung an die Temperaturziele bis hin zur Messung positiver Auswirkungen im Rahmen der Ziele der nachhaltigen Entwicklung. Eine Aufgabe nicht nur für Anlageprofis, sondern auch für die Endkunden.

Offenlegung und Berichterstattung sind nützliche Instrumente nicht nur für diesen Prozess, sondern auch mit Blick auf das Ergebnis. Eine adäquate Kommunikation der ESG-Performance eines Fonds erfordert mehr als die Erfüllung der regulatorischen Mindestoffenlegungspflichten. Um Produkte und Branche zu unterstützen, muss die Kommunikation auch die ESG-Ziele des Fonds akkurat wiedergeben. Und dazu gilt es, die Datenpunkte für die Berichterstattung umsichtig auszuwählen.

Wir bei FE fundinfo verfügen über die dazu notwendige regulatorische, Daten- und Offenlegungsexpertise, mit der wir Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Transparenz- und ESG-Offenlegungsanforderungen unterstützen. Ob Sie nun Fondsmanager sind, der ein ESG-Daten- und Rating-Factsheet oder eine regulatorische Reporting-Plattform benötigt, oder eine Vertriebsgesellschaft, die Zugang zum EMT (European MiFID Template) braucht oder zu EET (European ESG Template)-Datenfeeds gemäß den Anforderungen der im Juli 2022 in Kraft tretenden SFDR Level 2 braucht – wir stehen Ihnen zur Seite.

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